Emil Himmelsbach

(24.12.1914 bis 7.6.1984, Basel)

Musiker und Komponist von 12-Ton-Werken in Kammermusikbesetzung mit und ohne Gesang. Tätig als Orchestermusiker, Geigenlehrer, Musikwissenschaftler und Leiter einer Jugendmusikschule.

Geboren in Basel als Sohn eines Seidenband- und Kunstmalers wächst er als Einzelkind auf. Nach einem schweren Fahrradunfall mit Schädelfraktur brach er das Humanistische Gymnasium ab und konnte seinen Berufswunsch, Geiger zu werden, früher als erwartet verwirklichen. Persönliche Begegnungen mit dem grossen Solisten und Kammermusiker Adolf Busch und dem feinsinnigen Fritz Hirt, Professor am Konservatorium Basel, eröffneten ihm die Musikwelt in besonderer Weise. Am deutlichsten war es jedoch der Pianist und Komponist Hermann Klug, der ursprünglich aus St. Gallen stammte. Für Emil Himmelsbach spannte sich eine grosse Fläche künstlerischer Tätigkeit aus: neben seiner mit starker Überzeugung und pädagogischem Weitblick verfolgten Unterrichtstätigkeit, standen sein Engagement als Geiger im noch jungen Kammerorchester Basel unter Paul Sacher und dem Goetheanum Orchester, später als Bratschist in der damaligen Basler Orchestergesellschaft (BOG) und dem Festival Orchester Luzern, aber auch seine Vortragstätigkeit, in der er - wie ein Buch von ihm den Titel trägt - den "Ewigkeitsimpuls in der Lebensdramatik grosser Musiker" darstellte.

Seine Kompositionen werden von der Emil Himmelsbach Stiftung digital erfasst und betreut. Die Originale gelangen demnächst in die Universitätsbibliothek Basel. Das Werkverzeichnis nennt 139 Titel, die Hälfte davon Lieder. Die Anregungen zu seinen Werken kamen oft aus Schnittpunkten mit dem Lebensweg anderer Menschen oder aus besonderen Konstellationen heraus, vor die wir zuweilen gestellt werden. So stiess er etwa auf den Bündner Musikpädagogen und Maler Willy Byland, mit dem er in halb Graubünden Konzerte gab; oder auf den Nietzsche-Biografen Dr. h.c. Curt Paul Janz, dem so ganz anders gearteten, aber gerade darum interessanten Gesprächspartner; und gegen das Lebensende hin war es der Pianist Warren Thew. Sie beide verband die Anthroposophie, aber auch das künstlerische Wollen, so dass Thew einmal meinte: ich möchte nur noch spielen, wenn Himmelsbach zuvor über Musik gesprochen hat.

Seine eigenen musikalischen Werke zeichnen sich nicht durch einen riesigen Umfang aus. Eher kann von beispielhaften Einzelstücken gesprochen werden. Es sind Anregungen und Impulse, wie an der Schwelle zum 21. Jahrhundert weiterführend komponiert werden kann. Was Emil Himmelsbach von seinem Lehrer Klug schreibt, gilt in gleicher Weise für ihn. Im Ringen um eine dem modernen Menschen zukunftsweisende Musik wurde bald eines klar: hatten die am "Grundton orientierten Dur- und Moll-Tonarten an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert" die Aufgabe, den Menschen auf die Erde zu stellen (wie damals die Gambe als Cello auf den Boden gestellt wurde), so ergibt sich an der Schwelle zum 21. Jahrhundert eine neue Aufgabe. Die Regeln und Gesetze müssen erweitert, differenziert, teilweise sogar aufgelöst werden. Die hervortretende Individualität des Menschen verlangt die Autonomie der einzelnen Stimmen.

Allerdings gab Himmelsbach zu bedenken: "ausschlaggebend ist, in welcher geistigen Verfassung der heutige Komponist gewissermassen durch das des Tritonus und der Ganztonreihe die erdgebundenen Mittel der alten Dur- und Moll-Tonarten verlässt. Ist es eine spirituelle, wird er sich im Tierkreiszeichen orientierten Zwölftongebiet zurechtfinden."

Dies ist ein kompromissloser Weg und stellt jedoch gehörige Ansprüche an Hörerinnen und Hörer. Es versteht sich von selbst, dass die Rezeption seiner Werke, wie diejenigen aller Neuerer zwangsläufig kontrovers und umstritten ist.

Dr. Clemens Frey/Adolf Zinsstag April 2009/Juni 2010